"Wir stehen hinter jeder unserer Zollanmeldungen"
Frank Donohoe, Operations Manager bei Customs Wise, erzählt, wie ihm und seinem Team der Schwerpunkt auf die Verzollung von komplexen Waren beim Brexit geholfen hat.
Frank Donohoe, Operations Manager bei Customs Wise, erzählt, wie ihm und seinem Team der Schwerpunkt auf die Verzollung von komplexen Waren beim Brexit geholfen hat.
Frank: Für uns beginnt ein typischer Arbeitstag mit einer Tasse Kaffee (lacht). Wir haben ein hybrides Arbeitsmodell - das heißt von 18 Mitarbeiter*innen an unserem Hauptstandort in Dublin sind meistens ca. fünf Leute im Büro. Gute Erreichbarkeit ist sehr wichtig für uns. Deshalb sind wir an sieben Tagen (mit Früh- und Spätschicht) von 7 bis 23 Uhr für unsere Kund*innen da.
Frank: Wir haben auch ein vierköpfiges Team in Delhi, das um 3 Uhr GMT startet; in Delhi ist es dann ebenfalls 8.30 Uhr. Wir haben morgens gleich ein kurzes Troubleshooting-Meeting, um akute Probleme unserer Kund*innen zu bearbeiten, die sich über Nacht und am Morgen ergeben. Und weil wir komplexe Waren und Produkte verzollen, ist da eigentlich immer sehr viel los.
Frank: Wir verzollen viele verderbliche Waren, und da gibt es nur ein limitiertes Zeitfenster. Wenn bei gekühlten Ladungen die Zeit knapp wird, haben sie natürlich deine volle Aufmerksamkeit. Den Vormittag sind wir also mit Troubleshooting beschäftigt. Zwischen 9 und 13 Uhr habe ich üblicherweise zwischen 40 und 50 Telefonate. Typisch ist zum Beispiel eine inkorrekte Angabe auf einem Ausfuhrgesundheitszeugnis (Export Health Certificate, EHC) bei einer Ladung Geflügelfleisch. Da gehen wir dann zurück in der Kontaktkette und versuchen, den Fehler zu beheben.
Frank: Am Nachmittag findet zum Beispiel das Onboarding von neuen Kund*innen statt. Wir fragen dann etwa nach den Partnern in Irland und den HS-Codes. Manchmal haben neue Kund*innen nur einen HS-Code, manchmal haben sie 150. Und wenn sie 150 haben, checken wir mit unserer Software den UK Global Tariff-Katalog und dann sind es am Ende vielleicht nur noch vier. Wir machen außerdem eine Due Diligence-Prüfung und dann gibt es das Onboarding auf unsere Software.
"Manche Kunden haben 150 HS-Nummern. Wir gehen sie mit dem UK Global Tariff-Katalog durch und am Ende sind es 4."
Frank: Als Teil der Tindal Wine Merchant Group kommen wir ursprünglich aus der Lebensmittelindustrie. Und Lebensmittel sind immer noch unser Schwerpunkt, aber auch Autoteile, Pharma und Chemie. All diese Produkte benötigen eine mehrschichtige Einhaltung von Regulierungen (multi-layered compliance). Heißt, wir haben es oft zum Beispiel nicht nur mit Zollbehörden zu tun, sondern auch mit Landwirtschaftsbehörden und der Health and Safety Authority.
Bei 95 Prozent unserer Verzollungen sind mindestens zwei Behörden involviert, gern auch mal vier. Und das macht es natürlich deutlich komplexer. Wenn es etwas zu klären gibt bei einer Verzollung, müssen wir es nicht mit einer, sondern mit vier Behörden klären. Wir haben ein sehr erfahrenes Team für Lebensmittel-Verzollungen. Wir nennen sie die "Customs Wise Special Forces", denn sie sind absolute Expert*innen in jeder Art von Lebensmittelvorschriften. Sie prüfen die Dokumente, und in 95 Prozent der Fälle finden wir etwas, das Probleme verursachen könnte. Und dann müssen sie zurück zu demjenigen, der sie ausgefüllt hat, zum Beispiel zu der Veterinär*in.
Frank Donohoe, Operations Manager Customs Wise
Customs Wise ist ein Customs Compliance und Customs Service-Dienstleister aus Dublin, Irland. Das Unternehmen ist Teil der Tindal Wine Merchant Group, einem Zusammenschluss von Wein-Importierenden Unternehmen, und entstand dort aus einer Business-Unit bzw. dem Wunsch, die zollrechtliche Behandlung der importierten Weine selbst in die Hand zu nehmen. Getreu dieser Tradition konzentriert sich Customs Wise auf Lebensmittel und andere komplexe Güter, deren Verzollung die Einhaltung besonderer Regularien erfordert.
"Unser Zollteam für Lebensmittel nennen wir Customs Wise Special Forces."
Frank: ... die uns zu schaffen machen, weil sie eine massive Grauzone schaffen. Früher brauchte man für Waren mit mehr als 50 Prozent tierischen Produkten ein Ausfuhrgesundheitszeugnis (EHC). Im April 2022 hat sich die Gesetzgebung geändert, seither kommt es auf die Zusammensetzung an und unter bestimmten Voraussetzungen sind private Atteste erlaubt.
Das heißt für jeden, der eine Verzollung von Waren vornimmt, die tierische Produkte enthalten, dass er sehr schnell und natürlich korrekt erkennen muss, unter welche Regelung diese Güter fallen. Wenn Zollagent*innen inkorrekte Angaben machen, dann ist es sehr schwierig, die Waren zu re-exportieren und in den meisten Fällen tatsächlich das Einfachste, sie zu zerstören, was leider offenbar recht häufig passiert. Deine Zollagent*in sollte also ganz genau wissen, was sie tut. Bei Lebensmitteln gibt es keine Tricks.
„Bei Lebensmittel-Verzollungen gibt es keine Tricks.“
Frank: Wir hatten praktisch seit dem 21. Dezember durchgearbeitet – am 1. Januar war allerdings nicht so viel los, wie wir gedacht hatten. Der richtig kritische Tag war der 3. Januar. Das war ein Montag und alle waren zurück im Büro. Wir bekamen unsere ersten Verzollungen über das AEB Customs Broker Integration Portal. Am 1. und 2. Januar hatten wir vermutlich 20 Prozent der Verzollungen, die wir erwartet hatten. Am 3. waren es über 500 Prozent. Wir hatten massenweise Anfragen von neuen Interessent*innen, die ihre Waren nicht über die Grenze bekamen. Wir mussten sie ablehnen, um den besten Service für unsere Bestandskund*innen zu garantieren.
„Am 3. Januar hatten wir rund 500 % mehr Zollerklärungen als erwartet.“
In einer Interviewserie stellen wir Ihnen unsere Zollbroker rund um den Globus vor und berichten von ihren täglichen Herausforderungen mit dem Zoll.
Einige sind Generalisten, andere haben sich auf bestimmte Güter spezialisiert aber alle von ihnen sind absolute Expert:innen für ihr Land bzw. ihre Länder. Sie sind Teil des AEB Customs Broker Network. In diesem finden Unternehmen ganz unkompliziert erfahrene und zuverlässige Zollbroker.
Frank: Der irische Zoll hatte das Aufkommen offenbar völlig unterschätzt, und die Antwortzeiten der Server waren sehr langsam. Teilweise haben wir drei Stunden auf eine Antwort gewartet. Außerdem gab es einige Prüfmechanismen, die auf dem Testserver nicht aktiviert worden waren. Wir haben die Nacht hindurch unsere Prozesse angepasst und am 9. Januar hatten wir die Sache wieder unter Kontrolle. Es war natürlich immer noch sehr viel, aber die Prozesse liefen und wir waren eingespielt.
Frank: Ab Juni 2019 begannen wir, den Brexit zu planen. Wir überlegten uns, welche Ressourcen wir benötigen und uns war schnell klar, dass gut geschulte Mitarbeiter*innen der Schlüssel zu einer erfolgreichen Umstellung sind. Zuerst haben wir unsere Mitarbeitenden von 4 auf 18 aufgestockt. Und: wir haben sie alle selbst weiter- bzw. ausgebildet. Wir haben in eine vierwöchige Inhouse-Fortbildung investiert, in der wir mit 20 Muster-Deklarationen, Fragebögen und Aufgaben gearbeitet haben. Weil wir es wichtig fanden, unsere neuen Mitarbeiter*innen gut für ihren Job zu rüsten. Wir wollten nicht nur, dass sie Nummern in Kästchen eintragen, wir wollten auch, dass sie wissen, warum sie das tun.
„Unsere wichtigste Ressource, um den Brexit zu bewältigen: gut geschulte Mitarbeiter*innen.“
AEB-Zoll-Software für reibungslosen Warenfluss über Grenzen hinweg. Erfahren Sie mehr über Lösungen für Zollprozesse wie Import, Export, Warenursprung und Präferenzen, Integration Ihrer Zollagenten, Verwaltung von Lieferantenerklärungen und Tarifierung Ihrer Produkte.
Frank: ... die sich gelohnt hat. Wir haben sicher 500 Bewerbungsgespräche geführt, von denen kamen 100 auf die Shortlist, 60 in unser Brexit-Training und übrig blieben die 18, die wir schließlich eingestellt haben. Die Lernkurve war steil, aber jetzt haben wir ein eingespieltes Team, das hervorragende Arbeit leistet. Unsere wichtigste Ressource, um den Brexit zu bewältigen, waren gut geschulte Mitarbeitende.
Frank: Wir hatten – auch in Zusammenarbeit mit AEB – viele Bereiche unserer Arbeit bereits zuvor konsequent digitalisiert. Die Software, Standard-Protokolle und Tools hatten wir schon. Natürlich waren unser Food-Schwerpunkt und unsere Erfahrung mit komplexen Themen und Produkten im Bereich Zoll ein großer Wettbewerbsvorteil. Auf der technischen Seite gab es also nicht viel zu tun.
Frank: Eine große Herausforderung für viele Unternehmen sind nach wie vor die Umstellungen durch den Brexit. In den ersten 12 Wochen nach dem Brexit waren 20 Prozent der Dokumente, die wir bekommen haben, ausreichend. Und es gibt noch viele, die nicht korrekt sind. Wir bekommen zum Beispiel immer noch Rechnungen mit britischer Mehrwertsteuer. Für uns hat steuerliche Richtigkeit absolute Priorität, denn sonst kommt das große Erwachen, wenn die Prüfer*innen vor der Tür stehen. Und inzwischen wird aktiv geprüft.„
"Nichts ist wichtiger als die korrekte Verzollung."
Frank: Umso wichtiger ist es, dass bei der Zollanmeldung trotzdem alles passt. Bei uns hat das P–ioritätte Priorität - auch vor der Schnelligkeit der Lieferung durch die Spedition. Einige neue Kundinnen kommen, nachdem sie aufgrund einer Zollprüfung Strafen zahlen mussten. Wenn eine Zollanmeldung von uns kommt, dann stehen wir zu 100 Prozent hinter dieser Anmeldung.
Frank: Eine große Herausforderung für Irland, Nordirland und UK ist mit Sicherheit CDS ...
Frank: Genau. Wir arbeiten seit September mit CDS, und es gibt große Unterschiede zu CHIEF - vor allem sehr viel mehr Input. Und dann gibt es noch den derzeit sehr laxen Umgang mit dem UK Inward Processing bei Importen aus Großbritannien nach Irland. Das wird derzeit von vielen einfach nicht gemacht – eben bis zur nächsten Zollprüfung. Wir helfen natürlich gern – lieber früher als später.