„Wir wollen Multiplikator in Sachen Nachhaltigkeit werden“
AEB ist klimaneutral

„Wir wollen Multiplikator in Sachen Nachhaltigkeit werden“

AEB ist klimaneutral. Wie das gelungen ist und was die weiteren Nachhaltigkeitspläne sind, erläutern Matthias Kieß, geschäftsführender Direktor, und Verwaltungsrat-Mitglied Steffen Frey.

Steffen, Matthias, herzlichen Glückwunsch zur Klimaneutralität. Wie steht es denn insgesamt um das Thema bei euch im Unternehmen? 

Steffen Frey: Klima- und Umweltschutz sind schon lange Teil der AEB und tief in unserer DNA verankert. Das zeigt sich an vielen Stellen und bei vielen Maßnahmen im Unternehmen. Ziel ist es, mit unseren Aktivitäten das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens aktiv zu unterstützen. Dabei ist die Klimaneutralität der nächste konsequente Schritt und gar nicht außergewöhnlich.
Matthias Kieß: Gleichzeitig fangen wir auch erst an, unsere Aktivitäten richtig hochzufahren. Dazu haben wir dieses Jahr erstmals unseren CO2-Fußabdruck gemessen und so die Basis geschaffen, unsere Maßnahmen fundiert zu bewerten und zu steuern. Wir wissen jetzt genau, in welchen Bereichen der größte Hebel liegt, um uns in Zukunft noch weiter zu verbessern. Und natürlich muss man auch sehen: Die Klimaneutralität an sich haben wir dieses Jahr auch durch Kompensation erreicht, indem wir in Klimaschutzprojekte investieren.
Steffen Frey: Jetzt fängt die eigentliche Arbeit erst an. Man darf nicht sagen „wir kompensieren und Haken dran“. Wir müssen mit gleicher Konsequenz die Vermeidung und Reduktion der Emissionen weiterverfolgen. Das kostet Mühe, bringt keine Euros und wird immer schwieriger, je besser wir werden. Doch nur so werden wir wirklich nachhaltig agieren.

Welche Erkenntnisse hat der CO2-Footprint geliefert? Wo liegen die größten Hebel, um bei AEB Emissionen zu verringern und zu vermeiden?

Matthias Kieß: Unsere CO2-Bilanz zeigt ganz klar: Die größten Emissionen verursacht das Thema Mobilität, also unsere Pkw-Flotte, die Fahrten zur Arbeit sowie unsere Geschäftsreisen. Der zweite große Block ist die Ernährung und hier vor allem der Fleisch- und Milchkonsum. Jetzt gilt es, in diesen Bereichen genau hinzuschauen, Ideen zu entwickeln, zu bewerten und die vielversprechendsten umzusetzen.
Steffen Frey: Bei beiden Themen hatten wir schon viele Maßnahmen initiiert. Beispielsweise verwenden wir in unserem Kantino in unserer Unternehmenszentrale seit Längerem weniger Fleisch und setzen auf mehr Kreativität – und wenn Fleisch, dann direkt vom Erzeuger. Für unsere Firmenwagen haben wir schon seit zehn Jahren eine Car-Policy, mit dem Ziel, die Emissionen durch unsere Fahrzeugflotte zu senken. Und wir bezuschussen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Matthias Kieß: Aber wir müssen noch mehr tun und darüber hinausdenken. Warum nicht den ÖPNV attraktiver machen, indem die längere Fahrzeit ins Büro als Arbeitszeit angerechnet wird? Oder warum nicht ein Pool an Pkw bereitstellen, anstatt dass einzelne Mitarbeiter einen Firmenwagen haben? 

AEB Rechenzentrum in Stuttgart: Ein ausgeklügeltes Energiekonzept hilft, den CO2-Fußabdruck der Cloud-Software zu minimieren.
AEB Rechenzentrum in Stuttgart: Ein ausgeklügeltes Energiekonzept hilft, den CO2-Fußabdruck der Cloud-Software zu minimieren.

Und inwieweit kann AEB als Anbieter von Zoll- und Logistiksoftware anderen Unternehmen helfen, klimafreundlicher zu werden? 

Steffen Frey: Wir arbeiten daran, in unserer Software Funktionen bereitzustellen, mit denen Unternehmen ihre Logistik nachhaltiger gestalten können. Allerdings erinnere ich mich noch an einen ersten Versuch vor drei Jahren. Damals hatten wir ein MVP entwickelt, der im Bereich Transportlogistik nicht nur Kosten berechnen und optimieren konnte, sondern auch den CO2-Fußabdruck. Leider war das Feedback im Gespräch mit Kunden damals noch unisono: „Für Derartiges bekomme ich in meinem Unternehmen kein Projekt und keine Ressourcen.“ Wir haben die Ideen trotzdem weiterverfolgt. Vor allem unsere schwedischen Kunden waren hier treibend. Und ich bin sicher, der Wind hat sich mittlerweile in den Unternehmen insgesamt gedreht. Wir freuen uns über jeden, der hier mitdenken oder -arbeiten will.
Matthias Kieß: Einen Beitrag leisten wir sicherlich auch dadurch, indem wir unsere Cloud-Software klimafreundlich zur Verfügung stellen und den CO2-Footprint unserer Rechenzentren minimieren. Das erreichen wir, indem wir eine eigene Photovoltaik-Anlage haben, die tagsüber beide Rechenzentren mit Strom versorgt. Der restliche Bedarf wird zu 100 % mit Ökostrom gedeckt. Die entstehende Abwärme nutzen wir zum Heizen und wir achten bei der Auswahl der Hardware auf nachhaltige Aspekte. 

AEB ist nicht nur in Sachen Klimaschutz aktiv, sondern will umfassend nachhaltig agieren. Was sind andere Schwerpunkte bei euren Aktivitäten – und warum? 

Steffen Frey: Wir dürfen nicht in die Falle tappen und unter Nachhaltigkeit nur ökologische Aspekte sehen. Natürlich hat das eine große Relevanz. Wir müssen aber auch darüber hinausdenken und Themen wie soziale Gerechtigkeit und dabei vor allem die Einkommens- und Wohlstandsverteilung betrachten. Dort tragen wir als Menschen und Unternehmen ebenfalls Verantwortung. Daher haben wir für AEB drei Handlungsfelder in Sachen Nachhaltigkeit identifiziert, auf die wir unser gesellschaftliches Engagement fokussieren: Klimaschutz, Artenschutz sowie soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit. In diesen Feldern wollen wir nachhaltig wirken und dies mit unserer ökonomischen Entwicklung in Einklang bringen. Dazu trägt auch unser Gesellschaftermodell bei. Als Mitarbeitergeinhabtes Unternehmen wirken wir der überbordenden Spekulationsökonomie entgegen.
Matthias Kieß: Natürlich geht es beim Thema Nachhaltigkeit in erster Linie um Gerechtigkeit und einen fairen Umgang mit Ressourcen. Ein wesentlicher Punkt für uns als AEB ist aber auch: Wie gestalten wir nachhaltige Beziehungen? Wie schaffen wir also Stabilität in den Dingen, die wir miteinander tun, etwa in Kundenbeziehungen. Sind Beziehungen nachhaltig ausgelegt, kann man auch viel leichter miteinander Krisen bewältigen. Das gleiche gilt innerhalb des Unternehmens und für die Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Und bestimmt gibt es noch viele andere Aspekte, die wir heute noch nicht im Fokus haben. 

Die AEB-Stiftung engagiert sich schon seit mehreren Jahren in Sachen Chancengleichheit und fördert entsprechende Projekte. Wie sind eure Erfahrungen? 

Steffen Frey: Die AEB-Stiftung unterstützt Projekte, um Benachteiligten einen einfachen Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Beispielsweise arbeiten wir beim Ausbau von Schulen in sozial schwachen Gebieten in Uganda und Brasilien mit und engagieren uns bei der Organisation Kinderhelden in Deutschland. Einfach nur Geld zu geben, reicht dabei nicht. Die Unterstützung erfolgt daher nicht nur durch finanzielle Zuwendungen, sondern auch mit viel persönlichem Engagement und fachlicher Expertise der AEB-Kolleginnen und -Kollegen. Das ist natürlich eine gute Sache. Allerdings: Das richtige Projekt mit den richtigen Menschen über alle Klippen zu hieven, ist Arbeit – viel Arbeit. Diese Aufgaben muss man mit Überzeugung und viel Herzblut tun. Wenn wir es schaffen, diese Arbeit auf noch mehr Schultern zu verteilen und damit noch mehr Dynamik zu entfalten – das wäre eine tolle Sache. 
Matthias Kieß: Ich bin stolz darauf, dass wir die Stiftung ins Leben gerufen haben – und darauf, was sie bewirkt. Aber eigentlich müssen wir das Thema auch größer denken. Es geht ja nicht darum, dass wir eine Stiftung haben, sondern dass wir als Unternehmen mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unsere Corporate Social Responsibility leben. Das Engagement soll daher gerne bunter, größer und vielfältiger werden. Um dies zu erreichen, diskutieren wir unterschiedliche Ansätze. Etwa, ob wir mehr Freiraum für jeden Einzelnen schaffen müssen. Warum sagen wir nicht: Jeder Mensch bei AEB bekommt beispielsweise x Tage Sonderurlaub im Jahr, um sich gesellschaftlich zu engagieren, ohne dass er dafür einen Nachweis erbringen muss?

Auf was seid ihr denn beim Thema Nachhaltigkeit bei AEB am meisten stolz?

Steffen Frey: Das ist sicherlich die Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, bei diesem Thema mitzuwirken. Es finden sich viele, die es mit vorantreiben. Wir müssen nicht überzeugen oder anschieben. Das Thema Nachhaltigkeit steckt in der Breite schon tief im Unternehmen drin.
Matthias Kieß: Das ist mir auch sofort eingefallen. Es ist bei so vielen direkt eingerastet, als wir gesagt haben, wir wollen klimaneutral werden. Und die gesagt haben: Das ist auch genau unser Ding, wir machen aktiv mit. Wir haben einfach tolle Menschen an Bord.

Alle Kolleginnen und Kollegen sollen nachhaltiges Handeln verinnerlichen, sodass neben einzelnen großen vor allem viele kleine Entscheidungen im Dreiklang „ökologisch, sozial, wirtschaftlich“ getroffen werden.

Wenn ihr jetzt einen Blick in die Zukunft werft: Was ist die Vision der AEB hinsichtlich Nachhaltigkeit? Was sind langfristige Ziele?

Steffen Frey: Auch wenn wir schon eine so gute und breite Ausgangsbasis haben: Für mich ist ein wichtiges Ziel, unsere Haltung im gesamten Unternehmen zu verankern. Alle Kolleginnen und Kollegen sollen nachhaltiges Handeln verinnerlichen, sodass neben einzelnen großen vor allem viele kleine Entscheidungen im Dreiklang „ökologisch, sozial, wirtschaftlich“ getroffen werden. Das muss systemimmanent passieren. Und die Menschen sollen andere anregen, ebenso zu handeln.
Matthias Kieß: Vision ist für mich an dieser Stelle nicht der passende Begriff – das klingt so weit entfernt. Nachhaltigkeit darf nicht etwas Entferntes sein, auf das wir uns zubewegen müssen, sondern es muss jetzt passieren. Wichtig ist vor allem, dass wir Multiplikation herstellen. Als einzelnes Unternehmen können wir nur kleine Räder drehen. Das müssen wir auch, keine Frage. Aber essenziel wird sein, unsere Räder an andere Räder anzubringen, sodass sich Größeres bewegt. Mein Ziel ist es daher, dass wir Multiplikator für Nachhaltigkeit werden.

Und wie könnte das konkret aussehen – Multiplikator für Nachhaltigkeit werden?

Matthias Kieß: Eine Möglichkeit wäre, einen Nachhaltigkeits- oder Klimaclub zu gründen, damit sich Menschen und Unternehmen zusammenschließen, um gemeinsam am Thema Nachhaltigkeit zu arbeiten. Schon heute engagieren sich Kolleginnen und Kollegen in entsprechenden Netzwerken. Und ein weiteres konkretes Beispiel sind die Waren und Zeitschriften, die wir per Post oder Paketdienst erhalten. Wir müssen den Absender fragen: Habt ihr bedacht, welche Emissionen der Versand verursacht? Habt ihr Produktion und Versand kompensiert? Wenn nicht, sag mir bitte, wie viel wir als Empfänger kompensieren müssen. Und lasst uns überlegen, welche Alternativen es gibt. Wenn wir andere für das Thema sensibilisieren und gemeinsam an Lösungen arbeiten, können wir viel bewegen.
Steffen Frey: Ich komme noch einmal auf den Punkt zurück, dass wir dieses Handeln verinnerlichen müssen und damit auch den Spaß aus der Überzeugung ziehen. Das wiederum steckt andere an mitzumachen – und zwar sowohl im Beruflichen wie auch im Privaten. So entfaltet sich ganz ungezwungen und leicht eine enorme Wirkkraft.

Zertifikat klimaneutrales Unternehmen
Zertifikat klimaneutrales Unternehmen

Klimaneutralität bei AEB

„If you can‘t measure it, you can‘t measure it“ – die alte Controlling-Weisheit bewahrheitet sich auch beim Thema Klimaschutz. Denn nur wenn Unternehmen und Organisationen wissen, wo wie viele Emissionen anfallen, können sie entsprechende Reduzierungsmaßnahmen einleiten und die entstandenen Emissionen kompensieren.

AEB hat in einem ersten Schritt erstmals in 2021 die Treibhausgasemissionen erhoben, die durch die Tätigkeiten als Unternehmen verursacht werden. Erfasst wurden die Daten für das Jahr 2019 – dem Jahr vor der Corona-Pandemie. Damals herrschte bei AEB noch weitestgehend „Normalität“ in Sachen Treibhausgas-Emissionen. Und Geschäftsreisen, Büroanwesenheit oder Fuhrpark-
Verbrauch waren auf einem viel höheren Niveau als etwa in 2020 oder 2021.

In die Messung flossen neben den eigentlichen CO2-Emissionen auch Emissionen der weiteren sechs im Kyoto-Protokoll aufgeführten Treibhausgase ein, die in sogenannte CO2-Äquivalente umgerechnet wurden. Auf Basis des gewonnenen CO2-Fußabdrucks hat sich AEB entschieden, in ein Klimaschutzprojekt zu investieren,
um die entstandenen Treibhausgasemissionen auszugleichen. Dieses Aufforstungsprojekt befindet sich im Westen Ugandas und umfasst eine Fläche von 10.000 ha, die jährlich für gut 18.000 t CO2-Äquivalenz gesparte Emissionen sorgen.

Das Projekt zahlt zudem auf weitere Sustainable Development Goals (SDG) der UN ein, etwa hochwertige Bildung, sauberes Wasser und menschenwürdige Arbeit. Es ist vom TÜV Süd nach dem Gold Standard zertifiziert. Neben dem Projekt in Uganda unterstützt AEB über die Klimaneutralität hinaus lokale Klimaschutzprojekte, um auch vor Ort Wirkung zu erzielen. Wie im Interview beschrieben sollen auf Basis des Fußabdrucks aber vor allem Maßnahmen identifiziert, initiiert und umgesetzt werden, die Emissionen reduzieren und vermeiden.