Zollwertermittlung in der EU
Wie wird der Zollwert ermittelt und was hat er mit Emissionen zu tun? Ein Blick auf die Zollwertermittlung inklusive der sich ändernden Besonderheiten.
Wie wird der Zollwert ermittelt und was hat er mit Emissionen zu tun? Ein Blick auf die Zollwertermittlung inklusive der sich ändernden Besonderheiten.
Die Entwicklung des Zollwerts – ein Blick zurück
Der Zollwert im WTO-Übereinkommen
Der Zollwert in der EU
Besonderheiten: Käuferkette, Veredelung, Emissionen und Zollbefreiung
2½ Tipps zum Zollwert
Neue Kostenfaktoren können zu neuen Zuschlägen auf den Zollwert führen. Beispiel gewünscht? Da seit 1. Januar 2024 der Seeverkehr in das bestehende Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) integriert wurde, müssen Verpflichtete im Seeverkehr Emissions-Berechtigungen erwerben. Diese Kosten können sie in Verbindung mit dem Ort des Verbringens an ihre Kunden weiterreichen. Je nach gewähltem Incoterm werden die dezidierten Angaben der ETS-Kosten, z.B. EU-ETS/EU-Hafen oder EU-ETS/Germany oder EU-ETS/Ort, auf den Zollwert der Importe hinzugerechnet. Aus diesem Grund erläutern wir hier die Grundlagen der Zollwertermittlung. Mit Praxistipps.
Heute sind die Zollsätze weltweit überwiegend Wertzollsätze, die auf den in Rechnung gestellten Preisen beruhen. Andere Zölle, die sich auf Gewicht, Menge, Alter oder andere Bemessungsgrundlagen beziehen, sind, bis auf wenige Ausnahmen z.B. im Bereich landwirtschaftlicher Produkte, weit in den Hintergrund gerückt.
Das war nicht immer so. Erst nach den auch für Politiker traumatischen Erlebnissen der Weltkriege erstarkte die Überzeugung, dass eine immer weitergehende wirtschaftliche Verbindung der Völker auch zu Frieden führen könne. Also haben die Väter des Welthandelsabkommens GATT 1947 Wert darauf gelegt eine möglichst einheitliche Grundlage der Verzollung zu schaffen, den „actual value“. Die Umschreibung dieses „Wirklichen Wertes“ war noch recht kompliziert, aber sie bezog sich schon auf die Preisfindung. So war er die Grundlage für eine Beschäftigung mit einem weltweit einheitlichen Zollwert. Der 1952 gegründete Brüsseler Zollrat beschäftigte sich also richtigerweise mit diesem Thema. Aus ihm ging 1995 die Weltzollorganisation WCO hervor.
Im Brüsseler Zollwertabkommen 1949/50 wurde der Begriff „Normalwert“ geschaffen, der z.B. seit Anfang der 50er Jahre in Deutschland, später auch EG-weit und in 90 Ländern galt. Dennoch wurde dieser Begriff nicht überall einheitlich verwendet. Vor allem die USA lehnten ihn ab. Im Rahmen des GATT-Zollwertkodex wurde daher der Begriff des Zollwertes geschaffen, der heute noch weitgehend und auch in den USA Geltung hat. Er ist geregelt im WTO-Übereinkommen 1994.
Die Methode der Zollwertermittlung ist im WTO-Übereinkommen zur Durchführung von Artikel VII des WTO-Übereinkommens festgelegt. Es enthält eine Hierarchie von Bewertungsmethoden und legt die Transaktionswertmethode als wichtigste Methode fest, die im gewerblichen Bereich auch überwiegende Bedeutung hat. In der allgemeinen einleitenden Erläuterung zum Übereinkommen heißt es, dass in Artikel 1 „Berichtigungen des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises in Fällen [vorgesehen sind], in denen bestimmte spezifische Elemente, die als Teil des Zollwertes angesehen werden, dem Käufer entstehen, aber nicht in dem Preis enthalten sind“. Dabei sind auch Gegenleistungen vorgesehen, „die vom Käufer an den Verkäufer in Form bestimmter Waren oder Dienstleistungen und nicht in Form von Geld erbracht werden“.
Die Veröffentlichung der „US Customs and Border Protection“ zum Customs Value zählt sechs Methoden der Zollwertermittlung auf, deren wichtigste der „Transaktionswert" ist.
Es gilt: Ist die Transaktionswertmethode nicht anwendbar, werden der Reihenfolge nach die anderen sekundären Ermittlungsmethoden angewandt (Artikel 74 UZK). Greift eine der Methoden, werden die nachfolgenden nicht mehr geprüft.
In der AEB-Community rund um Außenhandel tauschen sich mehr als 5.000 Mitglieder aus. Egal, welche Fragen Sie haben, hier finden Sie Antworten aus der Praxis.
Auch in der EU gelten diese Grundsätze des WTO-Übereinkommens. Hier ein Überblick der Kommission. Zur Ermittlung des Transaktionspreis finden Sie bei AEB eine kurze Einführung: Zollwert und Incoterms.
Kurz: Kosten, die nicht im Preis schon berücksichtigt sind und vor dem Ort des Verbringens, also außerhalb des Zollgebietes auftreten und vom Kunden zu tragen sind, müssen dem Zollwert hinzugerechnet werden.
Bei den Kosten, die im Preis schon berechnet sind und die aber erst im Zollgebiet entstehen ist es umgekehrt, sie dürfen abgezogen werden.
Zur Verdeutlichung drei Beispiele:
Für die Zollwertermittlung ist der Anmelder zentral. Er muss zum einen alle notwendigen Nachweise erbringen können und zum anderen in der EU ansässig sein (Ausnahmen siehe Art 170 UZK).
Die notwendigen Unterlagen sind grundsätzlich neben der Rechnung je nach Fallgestaltung noch weitere Nachweise wie z.B. Frachtbrief und -Rechnung, Versicherungsunterlagen, Lizenzverträge etc.
Folgende Aspekte können für ihn immer wieder zu Unklarheiten führen – sie werden hier daher kurz dargestellt:
Bei einem Verkauf an eine Käuferkette ist nur das Geschäft zu beachten, das unmittelbar vor dem Verbringen in das Zollgebiet erfolgt ist.
Beispiel:
Der Rechnungspreis des zweiten Vorgangs, also 150 Euro, ist hier gem. Art128 I UZK DVO zugrunde zu legen.
In Art. 86 (5) UZK ist folgende Regelung zu finden:
„Entsteht eine Zollschuld für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse oder Ersatzerzeugnisse […], so wird der Einfuhrabgabenbetrag auf der Grundlage der Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredlungsvorgang bemessen.“
Mit anderen Worten: Hier wird nur der Veredelungslohn zur Grundlage genommen und keine weiteren Kosten, die außerhalb der Veredelung entstehen (z.B. Fracht).
Das bestehende Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) ist seit 2024 im Seeverkehr integriert und beeinflusst seitdem auch den Zollwert.
In dem Artikel Zollwert: Behandlung von EU-ETS Zuschlägen auf Frachtkostenrechnungen von i-TMS aus Bremen heißt es: „Das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) ist ein sogenanntes „Cap and Trade“-System, bei dem die Emission bestimmter Schadstoffe in einem ganz bestimmten geografischen Gebiet begrenzt wird. Unternehmen werden im Rahmen des EU-ETS verpflichtet, den Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen mit Zertifikaten zu belegen. […] Auf Nachfrage wurde von der Zollverwaltung mitgeteilt, dass die EU-ETS Zuschläge unmittelbar mit der Beförderung der Waren verbunden und somit dem Transaktionswert hinzuzurechnen sind. Fallen die Kosten vor dem Ort des Verbringens in die EU an, sind sie bei der Zollwertermittlung als Beförderungskosten gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe e) UZK dem für die Einfuhrwaren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen.“
Dies entspricht der Regelung des Art 71 (1) c) UZK: „Bei der Ermittlung des Zollwerts […] sind dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen: […] c) Lizenzgebühren für die zu bewertenden Waren, die der Käufer entweder unmittelbar oder mittelbar nach den Bedingungen des Kaufgeschäfts für die zu bewertenden Waren zu zahlen hat, soweit diese Lizenzgebühren nicht im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis enthalten sind, […]“.
Der Zollwert für Muster wird nach den üblichen Vorschriften ermittelt.
Allerdings gibt es beispielsweise für bestimmte zur Absatzförderung eingeführte Waren Befreiungen von den Abgaben: Warenmuster und -proben, Werbedrucke und -gegenstände, ge- und verbrauchte Waren auf Handelsmessen, zum Beispiel beim Muster-Import:
Artikel 86 Zollbefreiungsverordnung
(1) Von den Eingangsabgaben befreit sind […] Warenmuster und -proben von geringem Wert, die lediglich dazu bestimmt sind, Aufträge für Waren entsprechender Art im Hinblick auf deren Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft zu beschaffen.
(2) Die zuständigen Behörden können die Befreiung davon abhängig machen, dass bestimmte Artikel durch Zerreißen, Lochen, unauslöschliche und erkennbare Kennzeichen oder ein anderes Verfahren auf Dauer unbrauchbar gemacht werden, ohne dass sie dadurch ihre Eigenschaft als Muster oder Proben verlieren. […]“
Eine Zollbefreiung kann auch gewährt werden für andere Waren bis zu einer Menge von fünf Mustern oder Proben und bis zu einem Warenwert von höchstens 50 Euro je Warengruppe, wenn dem Anmelder eine Kennzeichnung nicht zugemutet werden kann. Der Zoll gibt hierfür auf seiner Webseite weitere Beispiele.
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Bei der Berechnung des Zollwertes empfehlen sich immer zwei Dinge:
Das Plus für Nutzer von Import Filing: ATLAS
Die Zollwertanmeldung ist in Import Filing: ATLAS integriert – was genau dazugerechnet oder abgezogen wird, kann in der Ausfüllanleitung des Bundesministeriums der Finanzen nachvollzogen werden. Und keine Sorge: Die AEB Lösung erinnert ab einem Wert von 20.000 Euro standardmäßig an die Zollwertanmeldung DV.1. Hier besteht also kein neuer Handlungsbedarf.