Lieferkettengesetz – was fordert die EU?
Sorgfaltspflichten

Lieferkettengesetz – was fordert die EU?

Zum 1. Januar 2023 trat das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Nun wurde die EU-Richtlinie (CSDDD) verabschiedet– was kommt wann auf die Unternehmen zu?

Am 15. März 2024 haben sich die EU-Mitgliedstaaten mehrheitlich auf einen geänderten Regelungstext der EU-weiten "Lieferkettenrichtlinie" (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) geeinigt, dem der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments bereits am 19. März zugestimmt hat und der nun am 24. April vom EU-Parlament beschlossen wurde. Nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU wird die neue Richtlinie in Kraft treten und muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. 

Die CSDDD enthält, wie das gültige deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), umwelt- und menschenrechtsbezogene Sorgfaltspflichten. Doch was ändert sich und wann wirkt sich die CSDDD auf Unternehmen in Deutschland aus?

Schon jetzt erhalten Unternehmen jeder Größe Anfragen zum LkSG. Manche sind im ersten Moment ratlos oder fragen sich: Was hat das eigentlich mit uns zu tun? Hier hilft SOLID mit einer neuen Prüfung weiter. Eine Zusammenfassung mit Ausblick.

Ein Blick auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das deutsche Gesetz wurde am 11. Juni 2021 im Bundestag verabschiedet und trat ab dem 1. Januar 2023 in Kraft. Bis Ende 2023 waren Unternehmen oder Zweigniederlassungen mit über 3.000 Arbeitnehmern mit Sitz im Inland inklusive ins Ausland entsandte Beschäftigte davon betroffen. Seit dem 1. Januar 2024 gilt das LkSG auch für Unternehmen mit über 1.000 Arbeitnehmern. 

Von Unternehmen wird eine Risikoanalyse in unterschiedlichen Ausprägungen erwartet. Im Fokus steht der eigene Geschäftsbereich und unmittelbare Zulieferer. Mittelbare Zulieferer bis hin zum Rohstofflieferanten müssen nur anlassbezogen überprüft werden. Wird dabei eine „substantiierte Kenntnis“ von Menschenrechtsverstößen festgestellt, muss auch der Handel mit dem mittelbaren Zulieferer unterbunden werden.

Als Risikofelder werden Zwangs- oder Kinderarbeit, Diskriminierung, Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit, problematische Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sowie Umweltschädigungen genannt. Zudem wurde für die betroffenen Unternehmen gesetzlich eine jährliche, öffentliche Berichterstattungspflicht eingeführt.
Eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen ist im Lieferkettengesetz bislang nicht vorgesehen. Doch kommt es zu Verstößen gegen Standards in der Lieferkette, können sich private Geschädigte durch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder Gewerkschaften vertreten lassen (siehe §11 Besondere Prozessstandschaft). Zudem können bei Nichteinhaltung der Sorgfaltspflichten Bußgelder verhängt und Unternehmen bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) begleitet die Unternehmen und hat Antworten zum Anwendungsbereich des Gesetzes, zu den Sorgfaltspflichten, Abhilfemaßnahmen bei Verstößen, dem Beschwerdeverfahren, zur Berichterstattung und mehr auf seiner Webseite veröffentlicht. Mit der BAFA Risikodatenbank erhalten die Unternehmen außerdem öffentlich zugängliche Quellen zu menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken für bestimmte Branchen, Länder und Rohstoffe. Dabei erhebt die Datenbank keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber sie wird regelmäßig durch das BAFA aktualisiert und weiterentwickelt.

>> Zum Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz - LkSG)

>> >>Zur BAFA-Webseite: Lieferketten 

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Rechtsrahmen und Handreichungen: So hilft SOLID 

Wer sich punktgenau durch den Gesetzestext, Erläuterungen, FAQ und Handreichungen führen lassen möchte, kann die Prüfung zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in SOLID nutzen.

SOLID führt durch den Gesetzestext und verlinkt an den entsprechenden Stellen auf die vom BAFA erarbeiteten Lösungen, die in Form von Handreichungen und FAQ bei der Umsetzung des LkSG unterstützen. Außerdem verlinkt SOLID auf die Fragen des elektronischen Berichtsfragebogens im PDF-Format. Damit unterstützt SOLID die betroffenen Unternehmen bei den Vorbereitungen zur Erfüllung der Berichtspflicht.

Hinweis:
Diese Prüfung steht kostenfrei zur Verfügung. Wer bei SOLID registriert ist, kann sie jederzeit nutzen. PLUS Abonnenten können zudem das Ergebnis der Prüfung archivieren und Prüffälle mit den eigenen Kommentaren auch nachträglich jederzeit einsehen.

>> Zur Prüfung: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz - bin ich betroffen?

SOLID Logo
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Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Mit dem LkSG werden Unternehmen verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Prüfen Sie mit SOLID, welche Vorkehrungen Sie zur Einhaltung des LkSG treffen müssen.

Ein Blick auf die EU-Richtlinie

Heftig diskutiert wurde die europäische Richtlinie (CSDDD) schon seit Jahren. Ende 2023 wurde eine vorläufige Einigung erreicht, doch Anfang 2024 kam es zu Nachverhandlungen. Am 15. März haben sich die EU-Mitgliedstaaten dann mehrheitlich auf einen neuen Regelungstext geeinigt, dem der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments zeitnah zugestimmt hat und der dann vom EU-Parlament am 24. April mit 374 zu 235 Stimmen bei 19 Enthaltungen angenommen wurde. 

Die Richtlinie muss nun noch vom Rat endgültig gebilligt werden, bevor sie unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann. Sie tritt 20 Tage später in Kraft und muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht übertragen werden.

Die Einführung erfolgt in drei Stufen: 

  • Ab 2027 gelten die neuen Vorschriften für Unternehmen mit mehr als 5 000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 1,5 Mrd. EUR. 
  • Ab 2028 gelten sie auch für Unternehmen mit mehr als 3 000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 900 Mio. EUR.
  • Ab 2029 gelten sie schließlich für alle Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, d.h. für Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigte und einem Umsatz von über 450 Mio. EUR sowie für Franchiseunternehmen mit einem weltweiten Umsatz von über 80 Mio. EUR, die mindestens 22,5 Mio. EUR durch Lizenzgebühren erwirtschaften.  

>> Zum neuen Richtlinientext der CSDDD

Das ändert sich für Unternehmen in Deutschland

Die Anzahl der in Deutschland betroffenen Unternehmen wird sich voraussichtlich erhöhen, denn gemäß CSDDD müssen auch Unternehmen, Muttergesellschaften und Franchiseunternehmen aus Drittstaaten, die in der EU dieselben Umsatzschwellen erreichen, die Vorgaben einhalten. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission eine Liste der betroffenen Nicht-EU-Unternehmen veröffentlicht.

Dass Unternehmen erst ab einem Umsatz von 450 Millionen in das EU-Spektrum fallen, führt in Deutschland wahrscheinlich nicht zu einem Rückgang der betroffenen Unternehmen, da das national bereits verankerte Schutzniveau nicht verringert werden soll. Und im LkSG ist bislang kein Mindestumsatz festgelegt. 

Was ändert sich konkret für die betroffenen Unternehmen? Während in Deutschland Unternehmen vorrangig ihre unmittelbaren Zulieferer prüfen müssen, nimmt die europäische Richtlinie von Anfang an die gesamte Lieferkette in den Blick. Gewicht gewinnt auch eine risikoorientierte Priorisierung bei Analyse und Berichterstattung. Der Katalog der menschenrechtlichen Verpflichtungen wird um weitere Rechte und Verbote erweitert, z.B. das Verbot von willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in das Privatleben (Art. 17 UN-Zivilpakt), das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 18 UN-Zivilpakt) oder das Verbot der Beschränkung des Zugangs zu angemessenem Wohnraum für Arbeitnehmer. Umweltschäden werden im europäischen Entwurf außerdem stärker berücksichtigt. Ganz neu sind Anforderungen zur Bekämpfung des Klimawandels. Mit einem Klimaplan sollen Unternehmen darstellen, mit welcher Strategie sie zu der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beitragen werden. Für Unternehmen, die bereits einen Bericht gemäß der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erstellen müssen, ist eine Verknüpfung vorgesehen. 

Die Mitgliedstaaten werden eine nationale Aufsichtsbehörde benennen, die das Verhalten der Unternehmen untersucht und Sanktionen gegen Unternehmen verhängen kann. Gemäß CSDDD sind Geldstrafen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes möglich. In der europäischen Richtlinie ist eine zivilrechtliche Haftung implementiert - eines der umstrittenen Themen. Das heißt, die Unternehmen können in bestimmten Fällen schadenersatzpflichtig werden und müssen die Opfer entschädigen. Eine Haftung soll aber ausgeschlossen sein, wenn ausschließlich der Lieferant für den Schaden verantwortlich ist.

Kurz: Durch die europäische Richtlinie CSDDD werden die Anforderungen in Europa vereinheitlicht. Die zahlenmäßige Erweiterung der betroffenen Unternehmen wird sich hoffentlich spürbar bei den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen im globalen Süden bemerkbar machen. Zudem profitiert die deutsche Wirtschaft: Deutschland gehört dann nicht mehr zu der Minderheit der EU-Mitgliedstaaten mit nationalen Lieferkettengesetzen. Die dadurch den Vorreitern entstandenen Wettbewerbsnachteile auf dem europäischen Markt werden nun ausgeglichen. Auch die Prüfung europäischer Lieferanten dürfte sich vereinfachen bzw. teilweise ganz entfallen. Dennoch sollten Unternehmen schon jetzt ihre Lieferkette stärker in den Blick nehmen und sich vorbereiten. Und last but not least ist der stärkere Schutz der Menschen- und Umweltrechte ein Qualitätssiegel für Waren und Dienstleistungen aus Europa.