Studie zu Exportkontrollen mit Praxisbeispiel Belarus
Schritt für Schritt

Studie zu Exportkontrollen mit Praxisbeispiel Belarus

Rechtskonformes Handeln in interessanten Absatzmärkten trotz Handelsbeschränkungen - erklärt am Beispiel Belarus.

Im Fokus: Handel mit Belarus

Die unabhängige deutsch-schweizerische Nichtregierungsorganisation Libereco hat am 6. Dezember 2021 eine Statistik zur kommerziellen Werbung in den drei wichtigsten belarussischen Fernsehsendern veröffentlicht. Danach kamen 6 von 10 Werbespots im belarussischen Staatsfernsehen von Unternehmen aus westlichen Ländern. Jeder dritte Werbespot stammte von Unternehmen aus EU-Ländern.

Legt man diese Zahlen zu Grunde, scheint Belarus trotz bestehender Wirtschaftssanktionen ein interessanter Absatzmarkt auch für EU-Unternehmen zu sein. Diese Tatsache und auch die zahlreichen Fragen unserer Kunden zum Geschäftsverkehr mit Belarus nehmen wir zum Anlass anhand einer Fallstudie aufzuzeigen, wie eine Exportkontrollprüfung nach dem EU-Recht im Geschäftsverkehr mit Belarus aussehen sollte.

Neben den bestehenden personen- und länderspezifischen Embargoregelungen müssen im Geschäftsverkehr mit einem Embargoland immer auch die allgemeinen Vorschriften des Exportkontrollrechts nach der EU-Dual-Use-VO und den nationalen Exportkontrollvorschriften beachtet werden. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass sich Unternehmen auch bei Geschäften mit Embargoländern an dem vierstufigen Prüfungsaufbau der Exportkontrolle orientieren.

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Mit den AEB-Softwarelösungen für Trade Compliance Management können Sie Ihre Exportkontroll-Prüfschritte automatisieren und lückenlos dokumentieren. Das Risiko strafbarer Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz wird dadurch deutlich minimiert.

Übersicht der Sanktionsmaßnahmen gegen Belarus

Die EU hat bereits 2006 erste Sanktionsmaßnahmen gegen Belarus erlassen. Mit der heute noch geltenden Verordnung (EG) Nr. 765/2006 vom 18. Mai 2006 wurden Bereitstellungsverbote gegen Präsident Lukaschenko und verschiedene belarussische Amtsträger verhängt. Die betroffenen Personen werden in Anhang I der Verordnung gelistet.

Im Jahr 2011 kam zu den Bereitstellungsverboten ein Ausfuhrverbot für Ausrüstungsgegenstände, die zur internen Repression verwendet werden können. Die betroffenen Produkte werden in Anhang III der Embargo-VO gelistet. Außerdem wurde gegen Belarus ein Waffenembargo verhängt.

Schrittweise Verschärfung seit 2020

Seit Oktober 2020 hat die EU schrittweise die restriktiven Maßnahmen gegen Belarus verschärft: 

  • Als Reaktion der EU auf die Wahlmanipulationen und den darauffolgenden Menschrechtsverletzungen an friedlichen Demonstranten in Minsk wurden die Embargoregelungen auf Güter zur Kommunikationsüberwachung ausgedehnt. 
  • Außerdem wurden seitens der EU erstmals Wirtschaftssanktionen gegen Belarus ausgesprochen: Die Beschränkungen im Handel mit Ölprodukten, Kalisalzen und Gütern der Tabakindustrie sollen die wichtigsten belarussischen Einnahmequellen treffen.
  • Angesichts der erzwungenen Landung einer Ryanair-Maschine in Minsk und den aktuellen Entwicklungen an der polnischen Grenze hat die EU ein Verbot von Überflügen des EU-Luftraums und des Zugangs zu Flughäfen der EU durch sämtliche belarussische Fluggesellschaften beschlossen. 
  • Sanktioniert werden außerdem Reiseveranstalter und Hotels, die dazu beitragen, illegale Grenzübertritte über Belarus in die EU anzustiften und zu organisieren, und auf diese Weise an der Instrumentalisierung der Migration für politische Zwecke mitwirken.

Seit Oktober 2020 hat die EU viele weitere unmittelbare und mittelbare Bereitstellungsverbote gegen natürliche und juristische Personen sowie Organisationen in Belarus festgesetzt. Außerdem wurden neue güterbezogene Beschränkung erlassen, die in ihrer Ausgestaltung den bestehenden Sanktionsmaßnahmen gegen Russland ähneln.

Im Einzelnen betreffen diese Verbote

  • Dual-Use-Güter des Anhang I der EU-Dual-Use-VO Nr. 2021/821 für militärische Zwecke oder militärische Endverwender
  • Dual-Use-Güter des Anhang I der EU-Dual-Use-VO Nr. 2021/821 für bestimmte natürliche und juristische Personen sowie Organisationen. Die betroffenen Entitäten werden in Anhang V der Embargoverordnung 765/2006 gelistet.
  • den Zugang von Belarus zu den Kapitalmärkten der EU in Bezug auf übertragbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente, der Neuvergabe von Darlehen und Krediten, Versicherungen und Rückversicherungen. Die Beschränkungen gelten auch gegenüber den in Anhang IX der Embargoverordnung 765/2006 gelisteten staatseigenen Kreditinstituten.

Der vierstufige Prüfungsaufbau des Exportkontrollrechts

Die Liste der bestehenden Sanktionsmaßnahmen gegen Belarus ist zwischenzeitlich sehr lang und vielfältig geworden. Unternehmen, die Geschäfte mit Belarus machen möchten, müssen neben der Einhaltung sämtlicher Sanktionsmaßnahmen sicherstellen, dass auch die allgemeinen Vorschriften des EU-Exportkontrollrechts beachtet werden. 

Hilfreich ist eine Orientierung an dem bereits erwähnten vierstufigen Prüfungsaufbau. Folgende vier Fragestellungen führen in der dargestellten Reihenfolge sicher durch die rechtlichen Vorgaben des Exportkontrollrechts in der EU.

Zwei Belarus-Fallbeispiele aus der Praxis

Die vier W-Fragen zur Exportkontrolle sind vielen Lesern höchst wahrscheinlich bereits häufig begegnet und in der Theorie sehr einleuchtend. Bei der Umsetzung in die Unternehmenspraxis entstehen dann allerdings oftmals Unsicherheiten. Häufige Ursache dafür ist das Verlassen der vorgegebenen Prüfstruktur. Im Folgenden werden anhand von zwei Beispielsfällen die Fallstricke bei der praktischen Umsetzung aufgezeigt und Tipps zum richtigen Vorgehen gegeben.

Belarus-Beispielfall 1: Der sanktionierte Geschäftspartner

Der in Deutschland ansässige Automobilzulieferer A-GmbH beliefert seit mehreren Jahren den belarussischen Autoproduzenten „Minskii Automobilnyi Zavod“ (MAZ) mit seinen Erzeugnissen. Der belarussische Geschäftspartner MAZ platziert bei der A-GmbH einen neuen Auftrag für das Jahr 2022, welchen die Vertriebsabteilung im ERP-System anlegt. Bevor die Auftragsbestätigung an einen Kunden rausgeschickt wird, überprüft die A-GmbH mit Hilfe der AEB-Software Compliance Screening automatisch, ob der Geschäftspartner auf einer der hinterlegten Sanktionslisten steht.

Belarus-Beispielfall 2: Die Exportkontrollprüfung Schritt für Schritt

Bei dem in Deutschland ansässigen Elektrotechnik-Unternehmen B-GmbH geht eine interessante Anfrage des belarussischen Unternehmens Belanixy OOO über Frequenzumrichter ein. Die Frequenzumrichter sind in Anhang I der EU-Dual-Use-Verordnung als Dual-Use-Güter unter der 3A225 gelistet. Die Belanixy OOO teilt der B-GmbH mit, dass die Belarusbank eine Bankgarantie für das Geschäft zwischen der B-GmbH und Belanixy OOO übernimmt.

Die B-GmbH hat von der Belanixy OOO eine schriftliche Endverbleibserklärung in Form des Formularmusters des BAFA für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern vorliegen. Belanixy ist weder ein militärischer Endverwender noch werden die Frequenzumrichter militärisch verwendet.
Die B-GmbH überprüft das Geschäft mit Hilfe der AEB-Software Export Controls auf bestehende Verbote oder Genehmigungspflichten nach dem Exportkontrollrecht der EU.

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Infografik: EU-Sanktionen gegen Belarus

In 2006 hat die EU erste Sanktionen gegen Belarus erlassen. Im Jahr 2022 umfassen Belarus-Sanktionen folgenden Bereiche.

EU-Sanktionen gegen Belarus beinhalten personenbezogene Finanzsaktionen sowie umfassende Wirtschaftssanktionen, Stand Januar 2022.
EU-Sanktionen gegen Belarus beinhalten personenbezogene Finanzsaktionen sowie umfassende Wirtschaftssanktionen, Stand Januar 2022.