Saatgutspezialisten KWS: IT-Integration der Transportdienstleister
Der Saatgutspezialist nutzt ein Carrier Management Portal, das auf Software von AEB basiert, zur IT-Integration von Transportdienstleistern.
Der Saatgutspezialist nutzt ein Carrier Management Portal, das auf Software von AEB basiert, zur IT-Integration von Transportdienstleistern.
Digitalisierung der Transportlogistik: Was in den meisten Unternehmen noch Zukunftsmusik ist, hat das Unternehmen KWS mit Hauptsitz im niedersächsischen Einbeck im vergangenen Jahr weitgehend umgesetzt. Durch den Aufbau eines Carrier Management Portals (CMP) schlugen Logistikleiter Andreas Römmert und sein Team gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe:
Mit den über die Plattform gewonnenen Informationen verbesserten die KWS-Logistiker zudem die Zustellqualität und schufen eine Datenbasis für weitere Optimierungsschritte. „Der Aufwand für den Aufbau des CMP hat sich für uns bereits im ersten Jahr bezahlt gemacht“, zieht Römmert ein positives Fazit.
Das ist für die gesamte KWS-Gruppe eine gute Nachricht. „Unser Saatgut muss schnell und zuverlässig beim Kunden sein. Eine gute Supply Chain Performance ist für unsere Kunden ein wichtiges Einkaufskriterium“, unterstreicht Michael Spellerberg, stellvertretender Logistikleiter bei KWS die Bedeutung effizienter Lieferkettenprozesse.
Den Kundenanforderungen gerecht zu werden, ist keine triviale Aufgabe. Zum einen, weil das Saatgut von KWS europa- und weltweit gefragt ist. Zum anderen aber auch, weil sich die Supply Chain je nach Saatgut signifikant unterscheidet. Ein Beispiel: Für das Zuckerrüben-Saatgut, bei dem KWS Weltmarktführer ist, wird die Saatgutbasis bei Züchtern produziert und anschließend nach Einbeck zur Weiterverarbeitung transportiert. Dort wird die Rohware aufbereitet, gereinigt und pilliert. Zentral von Einbeck aus versendet KWS das Zuckerrüben-Saatgut an Kunden in aller Welt.
Völlig anders ist die Supply Chain für Maissaatgut aufgebaut. Das Saatgut in Europa wird dezentral an mehreren Standorten produziert und an die Kundschaft verteilt. Die Organisation der Transporte in ganz Europa fällt in den Verantwortungsbereich der zentralen Logistikabteilung in Einbeck, während die Standorte die regionalen Transporte disponieren.
Doch nicht nur die differenzierten Supply Chains waren für die KWS-Logistiker eine Herausforderung, sondern auch die Systemlandschaft. Kundenaufträge gehen über das SAP®-System, das Lagerverwaltungssystem der Züchter, ein Online-Händlerportal und auch manuell ein. Eine Zusammenfassung zu Transportaufträgen in einem zentralen System und eine IT-basierte Kommunikation mit den Transportdienstleistern gab es bisher nicht. Mit einer Ausnahme: Der vom Transportvolumen her wichtigste Spediteur DSV war per EDI an das SAP®-System angebunden. Er erhielt bereits vor dem Aufbau des CMP seine Aufträge elektronisch und meldete den Sendungsstatus ebenso zurück.
Für die zahlreichen anderen Transportdienstleister kam eine solche aufwändige Direktanbindung jedoch nicht in Frage. Von einem neuen Setup erhoffte sich Römmert eine Verbesserung der Transparenz in der Lieferkette – auch durch valide Kennzahlen – und die Automatisierung der Kommunikation mit den Transportdienstleistern. Bislang mussten Rückfragen der Warenempfänger zum Lieferstatus telefonisch oder über die Tracking-Systeme der Transportdienstleister geklärt werden.
Der Lösungsansatz, den KWS ins Auge fasste: Aufbau eines Carrier Management Portals, das die Datenströme zwischen den KWS-Systemen und den einzelnen Transportdienstleistern bündeln und standardisieren sollte.
Nach umfangreichen konzeptionellen Vorüberlegungen gingen Römmert und sein Team in die Ausschreibungsphase. Hier setzte sich AEB durch. Das auf Logistik spezialisierte Softwarehaus hatte eine Umsetzung des CMP auf Basis seiner Lösungen Visibility & Collaboration Platform und Transport & Freight Management angeboten.
In dem Projekt ging es darum, das CMP aufzusetzen und es in enger Zusammenarbeit mit AEB und der internen IT-Abteilung mit den internen Vorsystemen sowie mit den Systemen der Transportdienstleister zu verbinden. Dabei waren nicht nur die technischen Herausforderungen zu meistern, sondern auch die Akzeptanz der Transportdienstleister für die Anbindung zu gewinnen.
Beides gelang: Mittlerweile ist der Informationsfluss zwischen KWS und den Transportdienstleistern weitestgehend automatisiert und mit dem Warenfluss synchronisiert. Die Transportaufträge werden aus dem CMP an den jeweiligen Transportdienstleister gemeldet. Dieser ist verpflichtet, die Waren innerhalb der vereinbarten Dispositionszeit bei KWS abzuholen.
Ist die Abholung erledigt, übermittelt der Transporteur eine entsprechende Statusmeldung an das CMP. Geht bis zum Ende der Dispositionszeit keine Abholungsmeldung in dem Portal ein, erstellt es automatisch eine Warnmeldung, die sowohl an den Disponenten des Dienstleisters als auch an KWS übermittelt wird. Beide Seiten haben dann Zeit, die Ursachen für die verspätete Abholung zu klären und frühzeitig Gegenmaßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass sich auch die Anlieferung beim Kunden verspätet.
Der Kunde erhält ebenfalls automatisch ein Avis, das ihm den Zeitpunkt der Anlieferung anzeigt. Wird die Ware beim Kunden angeliefert, macht der Transportdienstleister eine Zustellmeldung. Liegt bis zum avisierten Lieferzeitpunkt keine Zustellmeldung vor, erstellt das CMP automatisiert einen Verspätungs-Alert, der wiederum an KWS und den Disponenten des Transportdienstleisters geht.
Römmert und Spellerberg sehen in dieser Konstruktion einen hohen Nutzen für ihr Unternehmen. „Wir haben unsere Transportprozesse standardisiert und optimiert. Dabei haben wir Medienbrüche mit unseren internen Systemen vermieden“, fasst Römmert zusammen. Spellerberg weist darauf hin, dass das übergreifende Track & Trace sowohl für Speditionen als auch für KEP-Dienste die Transparenz in der internationalen Supply Chain deutlich verbessert hat. „Wir können jetzt für jeden Carrier Dispositions- und Transportzeiten messen und ermitteln, ob sie den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen“, sagt Spellerberg. Die Daten aus dem CMP bilden eine objektive Grundlage dafür.
Das Unternehmen setzt darüber hinaus die Informationen für den Aufbau von transportbezogenen Key Performance Indicators (KPI) ein, die Basis für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) sind. Derzeit ist in Planung, die Kennzahlen für den Aufbau eines Bonus-Malus-Systems zu nutzen, das Pünktlichkeit bei Abholung und Zustellung zum Gegenstand hat. Bereits jetzt gelten die Lieferzeiten von KWS bei den Kunden als Benchmark. Ein weiterer Nutzen: Die Zustellmeldungen können bei Lieferungen ins EU-Ausland als umsatzsteuerlicher Nachweis zur Bestätigung des Gelangens genutzt werden.
Hat sich das Projekt auch wirtschaftlich gelohnt? Der KWS-Logistikleiter bejaht das. „Die Kosten haben sich innerhalb eines Jahres amortisiert“, sagt Römmert. Nicht nur die Prozesskosten in der Transportabwicklung sind aufgrund der IT-Anbindung der Dienstleister gesunken. Auch der IT-Aufwand sinkt. „Schnittstellen kosten viel Geld. Dadurch, dass wir jetzt nur noch mit einer Schnittstelle arbeiten, sind wir deutlich wirtschaftlicher unterwegs.“