Trade Compliance Management
Nichts veranschaulicht Grundsätze zu Vorgehensweisen so gut wie ein Beispiel. Hier Schritt für Schritt erklärt: Das Aufsetzen eines ICP in der Exportkontrolle.
In unserem Artikel Das 1x1 zum Internal Compliance Program: ICP in der Exportkontrollewurden die Grundlagen, Empfehlungen und Umsetzungsschritte zum Aufsetzen eines ICP erläutert. Dazu ergänzend teilen wir hier nun das Anwenden der Umsetzungsschritte anhand eines konkreten Beispiels. Dabei werden beispielhaft die wesentlichen Punkte angesprochen – eine vollumfängliche Prüfung ist an dieser Stelle nicht möglich.
J muss die möglichen Risiken von Verstößen gegen die Vorgaben des güterbezogenen Exportkontrollrechts ermitteln. Konkret bedeutet dies, dass J anhand der folgenden drei W-Fragen prüfen muss, für welche Geschäfte Verbote oder Genehmigungspflichten bestehen können.
Hinweis: In der Exportkontrolle sind vier W-Fragen relevant. Die erste Frage („An wen liefere ich?“) lassen wir hier allerdings außen vor, da sie auf die Prüfung der Geschäftspartner abzielt, die in einem gesonderten ICP zum Sanktionslistenscreening geregelt werden, sollte.
Mit Beantwortung dieser Frage wird die Beachtung der in der EU geltenden Beschränkungen aus den Embargoverordnungen beleuchtet. J unterhält geschäftliche Beziehungen zu Russland. J muss das Risiko von Embargobrüchen durch Verstöße gegen die Embargoverordnung gegen Russland durch geeignete Organisationsmaßnahmen absichern.
Mit Beantwortung dieser Frage wird die Beachtung der Genehmigungspflicht bei Ausfuhren und Verbringungen von gelisteten Gütern geprüft. Die im Produktportfolio der J befindlichen Filter sind Massenprodukte und von ihren technischen Parametern weit entfernt von den in der Dual-Use-Güterliste beschriebenen Filtern. Das Risiko ungenehmigter Dual-Use oder Rüstungsausfuhren ist für J weniger kritisch zu bewerten.
Mit Beantwortung dieser Frage wird die Genehmigungspflicht aus den Catch-all-Klauseln für nicht gelistete Güter geklärt. Die nicht gelisteten Filter können militärisch verwendet werden und mit Russland findet sich ein Waffenembargoland im Kreis der Geschäftspartnerländer. Vor diesem Hintergrund muss J mögliche Verstöße gegen die Catch-all Klauseln durch geeignete Organisationsmaßnahmen absichern.
J legt nun die Organisationsmaßnahmen und Zuständigkeiten zur Absicherung der ermittelten Risiken fest.
Sämtliche Anfragen mit Russlandbezug, die bei J eingehen, müssen vor der Weiterbearbeitung einer Embargoprüfung durch die für die Exportkontrolle zuständige Stelle unterzogen werden. Für Anfragen aus anderen kritischen Ländern muss J die relevanten Mitarbeiter, in der Regel werden dies die Vertriebsmitarbeiter sein, sensibilisieren. Es sollte eine Länderübersicht mit den aktuellen Embargoländern vorliegen. Bei Anfragen aus diesen Ländern darf der Vertrieb nur nach Rücksprache mit der Exportkontrollstelle weitere Schritte vornehmen.
Das Produktportfolio eines Lebensmittelherstellers enthält zumeist Produkte, die auf dem Weltmarkt frei verfügbar sind. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Tatsache, dass die hergestellten Filter weit entfernt von einer Dual-Use-Klassifizierung sind, bedarf es keiner kleinteiligen Klassifizierungen beispielsweise über den EZT-online oder das Umschlüsselungsverzeichnis.
Allerdings sollten die für die Filterentwicklung zuständigen Personen darüber informiert werden, dass es zivile Filter mit bestimmten technischen Eigenschaften gibt, die als Dual-Use-Güter gelistet sind. Bei Neuentwicklungen sollten diese technischen Eigenschaften gelisteter Dual-Use-Güter somit zum Abgleich vorliegen.
Wichtig ist im Zusammenhang mit der Güterklassifizierung eine Sensibilisierung in Bezug auf Konstruktionsanforderungen aus dem militärischen Bereich. Alle Produkte, die besonders konstruiert oder verändert werden für die Rüstung, müssen zur Klassifizierung an die Exportkontrollstelle weitergegeben werden.
Ein weiterer Unternehmensbereich, der für die Güterklassifizierung eine wichtige Rolle spielt, ist der Einkauf. Auch hier sollte eine Sensibilisierung in Bezug auf Dual-Use-Klassifizierungen stattfinden. Informationen zur Klassifizierung können sich auf den Geschäftspapieren, wie beispielsweise der Auftragsbestätigung finden. Diese Informationen muss der Einkauf dann an die zuständige Stelle weiterleiten.
J muss sicherstellen, dass sämtliche Informationen rund um kritische Endverwendungen einer Prüfung auf eine Genehmigungspflichtigkeit unterzogen werden. Informationen zur Verwendung der Produkte können in unterschiedlichen Unternehmensbereichen eingehen. Es bedarf einer breit angelegten Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung im Unternehmen. Nur so kann J sicherstellen, dass relevante Informationen nicht untergehen. J muss Kanäle definieren, die diese Informationen an die Exportkontrollabteilung leiten.
Eine Risikominimierung kann J durch das Einfordern von Endverbleibserklärungen erreichen. Das BAFA bietet hier verschiedene Formularmuster an. Diese kann J seinen Geschäftspartnern vorlegen. Das Einholen von Endverbleibserklärungen liegt bei genehmigungsfreien Geschäften im Ermessen eines jeden Unternehmens und dient der internen Absicherung.
J muss entscheiden, ob dem BAFA gegenüber ein Ausfuhrverantwortlicher benannt werden soll. Die Benennung eines Ausfuhrverantwortlichen ist zwingend für Unternehmen, die Einzelausfuhrgenehmigungen (EAG) beim BAFA beantragen müssen. Da die Geschäftsvorgänge der J bislang keiner Einzelausfuhrgenehmigungspflicht unterlagen, ist die Benennung eines Ausfuhrverantwortlichen nicht erforderlich.
Rechtlich nicht vorgeschrieben, aber für die tatsächliche Umsetzung des ICP im Unternehmen von wesentlicher Bedeutung ist die Schaffung einer Exportkontrollstelle mit der Rolle eines Exportkontrollbeauftragten. Diese Person steht im operativen Bereich bei allen Fragen rund um die Exportkontrolle zur Verfügung. Auszustatten ist die Rolle des Exportkontrollbeauftragten mit einer umfassenden Weisungsbefugnis. Insbesondere müssen Exportvorgänge bis zur abschließenden Beurteilung gestoppt werden.
Die Exportkontrollstelle sollte als Stabsstelle direkt der Geschäftsführung unterstehen. Die Exportkontrolle sollte ausschließlich an die Entscheidungen der Geschäftsführung gebunden sein.
Der in Schritt 2 festgelegte Ablauf und Aufbau wird nun als nächstes in einem ICP verschriftlicht. Je nach Unternehmensstruktur kann es sinnvoll sein, einzelne Abläufe über Verfahrensanweisungen zu regeln, die dem ICP als Anlagen beigefügt sind.
Der letzte Schritt bei der Implementierung eines ICP ist die Umsetzung. Die Geschäftsführung der J muss die Mitarbeiter aller relevanten Ebenen sensibilisieren. J muss durch Schulungen sicherstellen, dass alle von der Exportkontrolle betroffenen Mitarbeiter das erforderliche Wissen vermittelt bekommen und über Änderungen informiert werden.
Das ICP sollte mindestens einmal jährlich auditiert und gegebenenfalls angepasst werden. Ergeben sich unterjährig Änderungen in den Rechtsvorschriften oder den Prozessen der J müssen diese Änderungen entsprechend eingearbeitet werden.
Sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte müssen so dokumentiert werden, dass sie im Falle von Audits oder Außenwirtschaftsprüfungen den Prüfern zugänglich gemacht werden können. Ausfuhrrelevante Unterlagen aus allen Phasen des Antragsgeschäfts müssen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der EG-Dual-Use-VO bzw. der AWV aufbewahrt werden.
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